Silberstreif am Schulhorizont

OTZ, vom 14.12.2005

Sozialarbeit an drei Jenaer Berufsschulen auf der Kippe, aber vielleicht geht doch noch etwas.

Von OTZ-Redakteur Reinhard Querengässer Jena. Für die vier zum Jahresende gekündigten Sozialpädagogen an drei Jenaer Berufsschulen könnte es doch noch Hoffnung für die Fortsetzung ihrer Arbeit im nächsten Jahr geben.

So ließe sich zumindest ein OTZ-Telefonat mit Thomas Schulz, Presseprecher des Thüringer Sozialministeriums, am gestrigen Abend interpretieren. Jugend- und Jugendsozialarbeit sowie die Jugendpauschale wurden in der neuen Richtlinie "Örtliche Jugendförderung" zusammen gefasst, sagte Schulz. Die Regelung werde gerade noch in Einzelheiten abgestimmt und stehe vor dem Abschluss. Deshalb bitte die Landesregierung um einige Tage Geduld. Nach der neuen Richtlinie stünden 2006 neun Millionen Euro Förderung bereit. Die könnten, jedoch unter anderen Bedingungen, von den Trägern eingesetzt werden. "Es sieht gar nicht so schlecht aus", sagte Thomas Schulz, aber natürlich könne er jetzt noch keinen definitiven Ausblick geben. Wie das Regelwerk von den einzelnen Trägern umgesetzt werde, hätte Einfluss auf die Fortsetzung der Projekte. Dass es auch in Jena eine Weiterführung geben könnte, schloss Schulz nicht aus.

Hintergrund der Kündigung für die zwei Sozialarbeiterinnen und die zwei Sozialarbeiter durch den Träger Überbetriebliche Ausbildungsgesellschaft (ÜAG) war die nicht gesicherte Finanzierung der vier Stellen im kommenden Jahr. Zwar bestreitet niemand die Wichtigkeit der Sozialarbeit an der Stoy-Schule, am Berufsschulzentrum Göschwitz und an der Berufsbildenden Schule für Gesundheit und Soziales in Lobeda, indes - 124 000 Euro fehlen.

Dass es 2006 dazu kommen musste, sollte eigentlich allen Beteiligten klar gewesen sein. Denn das 1995 aufgelegte Projekt war an eine degressive Förderung vom Europäischen Sozialfond (ESF) gekoppelt. Die Kommunen als Schulträger hatten also immerhin zehn Jahre Zeit, das festgeschriebene Projektziel, die Trägerschaft von Sozialarbeit an Berufsschulen in die Verantwortung zu übernehmen, finanziell zu untersetzen. Das gelang auch in Jena nicht.

Nun war die Enttäuschung an den drei Berufsschulen groß, unter den Lehrern und Eltern, aber vor allem unter den Schülern. Nicht wenige von ihnen brauchten die Zuwendung der Sozialpädagogen, um persönliche Probleme zu besprechen und mit ihnen Lösungen zu finden. Aber auch so manche Konflikte in den Klassen würden durch das Zutun der Sozialpädagogen beigelegt.

Die Schülervertretungen attestieren ihnen einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung des Klimas an den Schulen, die Schüler sehen sie als Vertrauenspersonen, die man in schwierigen Lagen eher um Rat fragt als viele Lehrer. Dass es nun damit zu Ende sein soll, wird von vielen Eltern, Lehrern und Schülern als ein Niederschlag empfunden, der vornehmlich Jugendliche aus sozial schwachen oder komplizierten Familienverhältnissen trifft und solche jungen Frauen und Männer, die ihre Probleme nicht allein lösen können.

Der Schwarze Peter wäre allerdings nicht einfach der Landesregierung zuzuschieben. Die Stadt hatte eine Dekade Zeit, sich Lösungen zu überlegen. Das Argument, vom Land immer mehr Aufgaben übernehmen zu müssen, ist zwar richtig, erklärt aber nicht die ganze Wahrheit bei der Schulsozialarbeit. Falls in den nächsten Tagen doch der Silberstreif am Horizont auftaucht, sollte 2006 der Horizont im Auge behalten werden.