Altes Fahrrad im Keller? Alten PC in der Rumpelkammer?
Letzte Woche haben die Flüchtlinge unsere Turnhalle verlassen. Mehr als ein halbes Jahr waren sie hier untergekommen. Jetzt wohnen sie in Containerwohnungen in Jena Nord. Mit einem Rad sind sie ausreichend mobil und ohne PC geht eben nichts. In Afghanistan kennt nur die Elite Windows. Akbar, Ahmat, Kodaja, Jawad oder Hosein konnten bisher nicht damit umgehen.
Kodaja, Hosein, Akbar und Jawad beim Platzieren der Osterdekoration auf dem Schulhof. Ich habe Ahmat gefragt, warum er aus seiner Heimat weggegangen ist, was schlecht an Afghanistan ist und er sagte: „es gibt keine Regeln wie in Deutschland“. Das, was er mir mit seinen in sieben Monaten erlernten Deutschbrocken erklärte, möchte ich so darlegen. Wenn dir in Afghanistan etwas genommen wird oder du für deine Arbeit zu wenig Geld bekommst, dann gibt es keine Polizei und kein Gericht, die dir helfen. Es gilt das Recht des Stärkeren. Ahmat ist gelernter Tischler, fertigte Möbel, Türen und Fenster – jedoch ohne „Regeln“.
Er sagte mir weiter, das seine Eltern tot sind, er einen Bruder habe und nicht weiß, ob dieser noch am Leben ist: er wurde verschleppt.
Akbar gab mir auf die Frage, was schlecht an Afghanistan sei, folgendes zu verstehen. Er hat zu
Hause seine Eltern und sieben Geschwister, die in jener Armut leben, in die sie geboren wurden.
Vergleichbar ist dies mit den Kasten in Indien, nur auf einer andern Grundlage. Gehörst du einer
ethnischen Minderheit an, dann ist dein Weg von der Geburt an bestimmt. In dem einem Gebiet
herrschen die Sunniten über die Schiiten und im nächsten ist es geradewegs anders herum.
Akbar ist 20 Jahre alt und intelligent. Er will nicht den für ihn zementierten Weg gehen, der aus rein körperlicher
Landarbeit für einen Hungerlohn besteht. Er hat die Erwartungen an seine Zukunft, die jeder hat, er möchte sein Leben nach seinen Zielen gestalten, lernen und einen Beruf ausüben: er möchte eigene Entscheidungen treffen – das konnte und kann er in Afghanistan nicht. Fahrrad oder der PC können „leicht defekt“ sein. Bitte keinen Schrott. Wer etwas abzugeben hat schreibt es auf einen Zettel und wirft diesen in das Postfach von H. Bindara im roten Haus.
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- Geschrieben von Herr H. Bindara
- Zuletzt aktualisiert: 09. Mai 2016
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